Der Reiz
der Sprachmelodie,
der sich aus den Lauten
des Japanischen ergibt,
fehlt meist dem deutschsprachigen Haiku.
Das liegt vor allem
an den viel längeren Silben
im Deutschen.
Auch deshalb wird das
japanische Silbenschema
5-7-5
nicht immer eingehalten.

Bitte beachten:
Thema des Haiku
ist immer die Natur.
Manche „Haiku“
auf dieser Website handeln aber vom Menschen, von dessen Emotionen.
Diese nur in der Form mit dem Haiku deckungsgleichen Gedichte heißen
Senryu, das Haiku der Emotionen

Siehe dazu auch:
Haiku schreiben

PANTUN
lyrische Form Südostasiens

  
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 3 Verse, keine Reime, kein Metrum   
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Renate Golpon    © 30.5.2006

 

Natur, Jahreszeiten

Die Kiwizweige
schwanken suchend hin und her.
Meist finden sie Halt.

Duftender Yasmin
verwöhnt Nase und Auge.
Die Hummel taucht tief.

Die rote Rose
verneigt sich vor der Espe.
Deren Laub zittert.

Das Vergissmeinnicht
kann ich gar nicht vergessen.
Es blüht jedes Jahr.

Ich mag gern Nelken.
Doch ich schwärme für Rosa –
weil unpolitisch.

Der Regenbogen
lässt uns in Farben schwelgen,
doch nur kurzzeitig.

Hinter den Hecken
in leuchtend gelben Wogen:
die Rapsfeldmeere.

Der heißen Sonne
können die Lotosblüten
entgegenlächeln.

Die Erde atmet
im Frühling neues Leben.
Der Mensch atmet auf.

Die junge Amsel
sitzt mutig auf dem Nestrand –
und lässt sich füttern.

Lockende Blumen.
Flatternde Schmetterlinge
kommen zur Ruhe.

Junges Birkengrün.
Der dünne Stamm biegt sich noch,
wenn der Wind ihn packt.

Die Amsel legt brav
fünf gesprenkelte Eier,
ahnt nichts vom Kuckuck.

Schneeweiße Glöckchen.
Wer denkt bei ihrem Anblick
schon an Pflanzengift!

Die Sonnenblume
sagt mit lachendem Gesicht:
Der Sommer ist da!

Stolze Lilien:
Gelb leuchten sie im Garten,
weiß jedoch am Grab.

Die Lärche zittert,
als sich – ermüdet vom Flug –
die Lerche dort setzt.

Sonntagnachmittag.
Im Schatten der Rotbuche
flattern Gedanken.

Letzte Herbstrosen
lassen Tautropfen fallen:
Tränen des Abschieds.

Wildgänse ziehen;
auf ihrem Flug schnattern sie
schon laut vom Süden.

In der kalten Luft
seinen eigenen Atem
gefrieren sehen.

Schneeflocken tanzen
als leuchtende Kristalle
dem Tod entgegen.

Ein kleiner Grashalm
ist für jede Ameise
die große Hürde.

Der Baum gibt Schatten.
Aber sein Rauschen sagt mir:
Ich schweig auch mit dir!

Seh ich die Sonne,
freu ich mich bei Tage schon
auf das Sternenzelt.

Die bleiche Sichel
des abnehmenden Mondes
macht mir manchmal Angst.

Blumen im Mondlicht
verlieren zwar die Farbe,
aber nicht den Duft.

Die Nacht legt sich still
über den hektischen Tag
und deckt ihn sanft zu.

Sie werfen Schatten,
die dunklen Tannenriesen,
auf Blumenbeete.

Die Katze tigert
schon lange Zeit um den Baum.
Der Vogel singt noch.

Der Tag hat geweint;
nach dem Grau ein bunter Trost:
der Regenbogen!

Wer kann schon ahnen,
dass dies ruhige Meer auch
wie wild schäumen kann!

Blitze zucken grell.
Alle sind ins Haus gerannt.
Das Kind spielt Klavier.

Kleinstfilmkamera:
Selbst bis auf höchste Berge
reicht Nippons Hand.

 

 

Renate Golpon   © 30.5.2006

 

Leben und Erotik

Großherzig leugnen
manche Menschen liebend gern
eigene Schatten.

Völlig verblichen:
die Widmung von dir im Buch
der Erinnerung.

Strömender Regen.
Im Biergarten leuchten noch
die Sonnenschirme.

Schaumperlen schimmern
im Sektglas der schönen Frau.
Ihr Mund sammelt sie.

Langsam entblättert
sich die zartgelbe Rose.
Der Efeu wird rot.

Für mich geht manchmal
am Abend die Sonne auf:
wenn du hereinkommst.

Meinen Platz finden
im Garten deines Lebens.
Springbrunnen bauen.

Deinen müden Kopf
sanft auf meine Brust betten,
Träume entwirren.

Am frühen Morgen
auf glitzerndem Sonnenstrahl
abendwärts gleiten.

Streicheleinheiten
lassen nicht nur die Katze
zufrieden schnurren…

Es ist nicht verpönt,
andern Engeln im Himmel
„Hallo“ zu sagen!

Wehende Röcke
machen oft so manchen Mann
neidisch auf den Wind.

Ich zwäng mich ins Kleid,
doch deine flinken Augen
befreien mich schnell.

Wenn der Regen fällt,
beschert mir meine Bluse
eine zweite Haut.

Das Grillenzirpen
ist gar nicht mehr zu hören,
wenn Sinne rauschen.

Hohe Absätze
lassen das Herz des Mannes
im Takt mitklopfen.

Zu warm am Kamin.
Ich zieh meine Bluse aus.
Du legst noch Holz nach!

Deine Berührung
trifft mich stets, wenn ich ohne
Blitzableiter bin.

Das Kaminfeuer
lässt den Wein fast so funkeln
wie deine Augen.

Deine Umarmung
lässt mich trotz grauen Himmels
die Sterne sehen.

Im Liebesmeer mag
die Woge hoch über uns
zusammenschlagen.

Die Spatzen nehmen
hier ihr tägliches Staubbad.
Uns lässt Staub husten.

Diese Nacht mit dir
duftet nach tausend Rosen.
Man sieht nicht eine!

Dein Morgenlächeln
lässt mich schon den ganzen Tag
an Abend denken.

 

Haiku/Tanka von Bernard Ostersiek

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Renate Golpon    © 30.5.2006

 

Lebenserfahrungen

Erinnerung macht
aus wirrem Durcheinander
die schönste Ordnung.

Erinnerungen
begleiten still das Leben.
Doch manchmal auch laut!

Die Vergangenheit
ist oftmals das Fundament
für den Zukunftsbau.

Andere Menschen
können mein Leben betrachten.
Ich muss es leben.

Was uns Menschenvolk
als dreckige Pfütze stört,
dient Vögeln als Bad.

Ich gönn dir gerne
deine güldenen Träume.
Lass mir die meinen!

Die Morgensonne
zerschneidet meine Träume
mit grausamem Strahl.

Eisige Flocken
halten als Schneedecke warm,
schützen die Flora.

Trübe Gedanken
wälzen sich hinter der Stirn
wie graue Nebel.

Unser Schicksalsweg
ist oft nur ein schmaler Pfad,
verschlungen und steil.

Sonnenuntergang.
Ein Spiel von Licht und Dunkel –
gleich unserm Leben.

Kurze Begegnung.
Der Mann mit dem Regenschirm
verspricht mir Sonne.

Nach dreißig Jahren:
Der Garten meiner Eltern
ist kleiner geworden.

Warum schon heute
all meine Lieder singen?
Es gibt ein Morgen!

Nachts sieht ein Problem
noch tausendmal dunkler aus
als am hellen Tag.

Aquis submersus:
Tag für Tag fällt die Sonne
am Abend ins Meer.

Spiegelndes Wasser.
Der Wind macht unser Gesicht
darin zur Fratze.

Strahlend blauer Blick.
Augen, die viel versprechen…
Blaue Haftschalen!

Ich schmück mich mit Gold,
während der Mond in der Nacht
alles versilbert,

Unsichtbar der Weg –
aber wir finden das Ziel
trotz Schneeverwehung!

Tag- und Nachtgleiche
heißt nicht, dass wir Tag und Nacht
ausgeglichen sind!

Reale Krankheit
bringt manchen Hypochonder
ganz aus dem Konzept.

 

 

 

 

 

 

 

 

©  Renate Golpon